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Puerto Natales

Ich schlenderte ziemlich genervt und lustlos dem Ufer entlang- ins Zelt mochte ich am helllichten Tag nicht liegen, die Hostal war mir zu voll und auch zu eng und so versuchte ich noch von einer 3. Stelle Infos über die (weit)Wanderoptionen in diesem Gebiet zu bekommen.

'Sernatur' war die Infostelle, die ich anpeilte. Ich stellte zum 3. Mal meine Frage- zum Spanischüben ja nicht so schlecht... und mir wurde zum 3.Mal die selbe Karte vorgelegt mit den beiden oben genannten Optionen. Nada mas? fragte ich? No, es eso. Ich konnte meinen Unmut nicht mehr verbergen und wies auf all das Umland hin, das rund um die Stadt. Todo privado- war die knappe Antwort. (ps: der unverschämt teure und überlaufene Torres del Paine 'Nationalpark'  offenbar auch...) 

 

Ich musste sie ziemlich entgeistert angeschaut haben als ich beiläufig erwähnte, dass ich mir nicht gewohnt sei, dass man nicht in einer Landschaft  wandern dürfte, wo es nichts als unbewohntes Land hat...

Sie schaute mich nun ernster an; erst jetzt nahm ich mir die Zeit, sie genauer zu betrachten- es war eine jüngere Frau mit deutlich indigenen Zügen. Nach einer kurzen Pause sagte sie: wir warten seit Jahren auf Land, damit unsere Community zusammen wohnen kann. Wir haben keine Häuser und kein Land das uns gehört.

Meine Unmut schlug in tiefe Trauer um- gleichzeitig wuchs meine Wut über die europäischen Kolonialisten weiter an. Sie hatte Tränen in den Augen ich ging hinaus, war nicht mehr fähig etwas zu sagen und setzte mich vor diesem Häuschen auf eine Bank.

 

Die Wolken hingen tief-  Pfähle einer alten Holzmole lugten unregelmässig aus dem ebenso grauen Wasser. Die Möven, die sich gleichmässig darauf verteilten,  leuchteten mit ihrem weissen Federkleid wie kleine Lämpchen.

Meine innere Unruhe trieb mich weiter. Immer, wenn unzählige fraktale Gedanken mich beschäftigen, muss ich Gehen. Sitzenbleiben geht nicht. Ich ging weiter dem Ufer entlang. Der Gehweg wurde auf einmal Teil der Hauptstrasse. Viel Lärm und Verkehr- nach einer Viertelstunde wusste ich was ich wollte: zurück zu dieser Frau und sie fragen, wo sie denn wohne und wer ihre Community sei. Zu welchem Stamm gehört ihre Familie? Sie war aber nicht mehr im Office. 'Pasado mañana' meinte ihr Kollege. Beim Hinausgehen entdeckte ich ein eingerahmtes Schild. 

 

'Los Comienzos de Puerto Natales': die Überschrift. Gegründet 1911. In der Zeit zuvor hatte der deutsche Pionier Hermann Eberhard 1892 und 1905 die Gesellschaft zur Entdeckung von Feuerland hier mit der Viehzucht begonnen. Zu diesem Zweck nahm diese Gesellschaft rund um die Umgebung des Fijords Ultima Esperanza  410'675.85ha Land in ihren Besitz und konnten so verschiedene Estancias installieren. Klar, dass die indigene Bevölkerung nichts bekam. Diese Stämme waren bis da auch nie sesshaft gewesen sondern wanderten stets weiter, ihren Nahrungsgrundlagen folgend....

 

Ja- tatsächlich- diese Menschen warten schon sehr lange darauf, auch wieder eine Lebensgrundlage haben zu können...

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